Jahrgang 60
Nr. 4/2006 August
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DIE NEUE ORDNUNG | ||||
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Gerhard Beestermöller
Das Luftsicherheitsgesetz als Krisenindikator Im Februar 2006 erklärte das Bundesverfassungsgericht das Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) für verfassungswidrig. Insbesondere war § 14 Abs. 3 LuftSiG zu über-prüfen, der die Streitkräfte dazu ermächtigte, ein Luftfahrzeug dann und nur dann abzuschießen, „wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, daß das Luft-fahrzeug gegen das Leben von Menschen eingesetzt werden soll, und sie (sc. die Waffengewalt) das einzige Mittel zur Abwehr dieser gegenwärtigen Gefahr ist.“1 Damit wäre es erlaubt gewesen, ein ziviles Flugzeug samt Passagieren und Besat-zungsmitgliedern zu beschießen, wenn anzunehmen wäre, daß es beispielsweise in einen Wohnturm gelenkt werden solle. Man hätte also auch unschuldige Menschen töten dürfen, die in keiner Weise für die Verwendung der Maschine als Tatwaffe verantwortlich sind oder sonst hierzu in einem mittelbaren oder unmittelbaren Verursachungszusammenhang stehen. Das Urteil der Verfassungswidrigkeit fiel einstimmig. Überraschen konnte es nie-manden, hatte doch der Bundespräsident erhebliche Zweifel an der Verfassungs-konformität des Gesetzes geäußert. Auch hatten die Verfassungsrichter bei der mündlichen Verhandlung Bedenken an der Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz erkennen lassen. Den Hintergrund des Luftsicherheitsgesetzes bilden Terroranschläge, wie sie die Welt 2001 erlebt hat. Dieser neue Terrorismus wird üblicherweise als transnational bezeichnet, worunter „jegliche Form politischer Gewaltanwendung verstanden (wird), die sich vornehmlich gegen Zivilisten richtet und durch nicht-staatliche Akteure ausgeübt wird, welche in ihrem organisatorischen Aufbau wie in ihren Gewalttaten grenzüberschreitend agieren.“2 Seit längerem gilt in der Völker-rechtswissenschaft als unstrittig, daß durch den transnationalen Terrorismus und durch die gegen ihn ergriffenen Maßnahmen beispielsweise in Afghanistan , „(d)ie Grenzen zwischen Krieg und Frieden, zwischen militärischen und polizeili-chen Maßnahmen, zwischen internationalen und nicht-internationalen bewaffneten Konflikten ... zu zerfließen (drohen). Es bildet sich eine Zwischen- und Mischkate-gorie heraus, die sich am treffendsten mit dem Begriff des transnationalen bewaff-neten Konflikts einfangen läßt.“3 Hier soll anhand des Urteils aus Karlsruhe die Perplexität aufgedeckt werden, in die der transnationale Terrorismus den Rechtsstaat und die völkerrechtliche Ord-nung stürzt. Er untergräbt die für den neuzeitlichen Staat grundlegenden Bezüge: Friedenssicherung nach außen, nach innen Aufrechterhaltung der staatlichen Rechtsordnung. Im Rahmen dieser Grundkoordinaten läßt sich keine legale Ant-wort auf den transnationalen Terrorismus formulieren, die dessen Herausforderung halbwegs angemessen ist. In den Reaktionen auf das Karlsruher Urteil findet man Interpretationsversuche, die Perplexität des Verfassungsstaates dadurch zu entschärfen, transnationale Ter-roranschläge als militärische Angriffe einzustufen. Dann würde das völkerrechtli-che Selbstverteidigungsrecht wirksam, das jene als notwendig erachtete Gegenge-walt zuließe. Diese Interpretation transnationaler Terroranschläge mag durchaus durch die völkerrechtliche Entwicklung der letzten Jahre gedeckt sein. Gerade diese Entwicklung dokumentiert aber die Krise, in der die überkommene Zuord-nung von Staats- und Völkerrecht steckt. Sie ist nicht durch kleine Schritte der Anpassung an die Herausforderung des internationalen Terrorismus zu lösen, son-dern nur durch eine Neuvermessung der Grundbezüge des Rechts. Dies soll in einem ersten Schritt gezeigt werden. Die Krise erstreckt sich nicht nur auf formale Fragen einer Rechtsarchitektur. Grundlegender geht es um die materielle Frage, wo die Grenzen des staatlichen Eingriffsrechts in Grundrechte verlaufen. Diese sind weiter gefaßt, wenn die staat-liche Ordnung in ihrem Bestand gefährdet ist. Wo aber liegen die Grenzen? Das BVerfG hat klargestellt, daß der Staat unschuldigen Menschen nicht wissentlich-willentlich das Leben nehmen darf, wenn er nicht seinen Bestand verteidigt. Die Verwerfung eines Abschusses in nicht kriegsartigen Situationen geht aller-dings mit zwei unerwarteten Relativierungen einher. Die Richter lassen offen, ob der Staat in der Verteidigung seiner Ordnung unschuldige Menschen opfern darf. Auch entscheiden sie ausdrücklich nicht, ob eine strafrechtliche Bewertung des Abschusses eines Flugzeuges in Situationen, wie sie in § 14 Abs. 3 vorausgesetzt werden, ihr Verwerfungsurteil abzubilden habe. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Richter Unbehagen bei dem Gedanken verspüren, daß in dilemmatischen Situationen, wenn es also um den Bestand des Staates geht, oder wenn Leben nur zum Preis der Tötung schon so gut wie verlorenen Lebens gerettet werden kann, niemand da ist, der bereit wäre zu tun, was man tun muß, aber nicht tun darf. Die Ratlosigkeit des Verfassungsstaates, die hier spürbar wird, soll in einem zweiten Schritt herausgearbeitet werden. Können die beiden Relativierungen, die die Verfassungsrichter andeuten, Wege aus dieser Ratlosigkeit eröffnen? Meine These lautet: nein! Dies gilt es in einem dritten Schritt zu entfalten, der in zwei Unterschritte unterteilt ist. Im ersten geht es um den Versuch, das Verbot des Abschusses einer Zivilmaschine mittels des Völ-kerrechts zu relativieren. Vermutlich ließe sich der Abschuß einer mit Passagieren, Besatzung und Terroristen bemannten Maschine im Rahmen des Völkerrechts rechtfertigen. Es ist aber nicht einzusehen, warum die hier zugrunde liegende Rechtfertigungsfigur nicht auch auf die innerstaatliche Rechtswahrung übertragen werden kann. Ist eine Handlung mit voraussehbarer Todesfolge so zu beschreiben, daß sie in normativer Hinsicht nicht unter das Genus einer Tötungshandlung fällt, dann sollte sie auch in der innerstaatlichen Rechtswahrung erlaubt sein. Die In-strumentalisierung eines Menschen kann aber auch dann nicht erlaubt sein, wenn es um die Rettung des Großen und Ganzen geht. Der zweite Versuch der Richter, einen Ausweg aus dem Dilemma anzudeuten, ist Gegenstand des zweiten Unterschrittes. Gibt es über den transzendentalen Rahmen der Verfassungen hinaus eine strafrechtliche Relativierung verfassungsbrecheri-schen Handelns? Gibt es eine normative Ebene jenseits dieses Rahmens, die An-spruch auf allgemeine Anerkennung erheben kann, und die die Verfügung über das Leben eines unschuldigen Menschen auch dann noch rechtfertigen könnte, wenn diese innerhalb rechtsstaatlicher Grenzen verboten ist? Wenn Recht wirklich hand-lungsleitend sein soll, dann kann es keine Rechtfertigungsebene jenseits der Mög-lichkeitsbedingungen von Verfassungen geben. Die Frage des erlaubten Eingriffs in das Lebensrecht ist aber nur ein Spitzenprob-lem unter den staatlichen Eingriffsrechten. Läßt sich im Kampf gegen den Terro-rismus diesen überhaupt eine Grenze ziehen? Ein abschließender vierter Schritt stellt die hier diskutierten Fragen in den größeren Rahmen des spannungsreichen Verhältnisses von Freiheit und Sicherheit, dessen Austarierung in der geltenden Rechtsordnung durch die heute zu beobachtende Form des Terrorismus in eine grundlegende Krise gestürzt wird. I. Die Krise der neuzeitlichen Rechtsarchitektur Die Grenzen der neuzeitlichen Rechtsarchitektur angesichts der neuartigen terroris-tischen Bedrohung werden anschaulich, wenn man sich die Begründung der Rich-ter ansieht, warum der vom LuftSiG vorgesehene Einsatz militärischer Waffen verfassungswidrig ist. Das LuftSiG (§ 13) legitimierte den Einsatz der Bundeswehr durch Berufung auf Artikel 35 Abs. 2 Satz 2 bzw. Abs. 3 GG. Der für diese Analy-se entscheidende Satz des GG lautet: „Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall kann ein Land Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenz-schutzes und der Streitkräfte anfordern.“4 Unter den Fragen, die die Bundesrichter zu klären hatten, sind hier zwei von be-sonderer Bedeutung: Kann ein Terroranschlag als Unglücksfall gelten? Kann der Abschuß dieses Flugzeuges als eine Hilfeleistung für die Polizei im Katastrophen-notstand durchgehen? Die erste Frage wurde von Karlsruhe klar bejaht: „Nach dem allgemeinen Sprach-gebrauch kann unter einem Unglücksfall unschwer auch ein Ereignis verstanden werden, dessen Eintritt auf den Vorsatz von Menschen zurückgeht.“5 Hingegen sahen sich die Verfassungshüter gezwungen, die zweite Frage zu vernei-nen: „(D)er wehrverfassungsrechtliche Rahmen des Art. 35 Abs. 3 Satz 1 GG (ist) vor allem deshalb überschritten, weil auch im Fall des überregionalen Katastro-phennotstands ein Einsatz der Streitkräfte mit typisch militärischen Waffen von Verfassungswegen nicht erlaubt ist.“6 Die Bundeswehr, die der Polizei auf der Basis von Art. 35 GG „zur Hilfe“ kommt, darf also nur subsidiär handeln, daher nur die Waffen einsetzen, die auch für die Polizei legitim sind. Die Streitkräfte dürfen also nur „Waffen verwenden ..., die das Recht des betreffenden Landes für dessen Polizeikräfte vorsieht. Militärische Kampfmittel, beispielsweise die Bordwaffen eines Kampfflugzeugs, wie sie für Maßnahmen nach § 14 Abs. 3 LuftSiG benötigt werden, dürfen dagegen nicht zum Einsatz gebracht werden.“7 Die Unterscheidung zwischen polizeitypischen und militärischen Waffen beruht auf der Kontrollierbarkeit ihrer Wirkung und damit der Wahrscheinlichkeit, mit der der Tod des Menschen herbeigeführt wird, gegen den sie gerichtet ist. Der Einsatz von Polizeiwaffen führt „nicht mit Wahrscheinlichkeit zum Tode des Betroffenen“. Hingegen bezwecken „(r)ein militärische Waffen ... in erster Linie die physische Vernichtung des Gegners“.8 Sicherlich besteht eine Grauzone zwischen polizeitypischen und militärischen Waffen. Waffen aber, die zum Abschuß eines Flugzeuges taugen wie „Bordwaffen eines Kampfflugzeuges“9, gehören eindeutig in den Bereich des Militärtypischen. Es ist unmöglich, sie gegen Menschen einzusetzen, ohne daß diese mit an Sicher-heit grenzender Wahrscheinlichkeit den Tod finden. Daher kann, wie die Richter in Karlsruhe feststellen, auf der Basis des Art. 35 GG der Abschuß eines Flugzeuges durch die Streitkräfte nicht als subsidiäres Polizeihandeln legitimiert werden. Zur Unterstützung ihrer Auslegung ziehen die Richter sozusagen als Kontrastfolie zu Art. 35 GG Art. 87a, Abs. 4 GG heran. Dort heißt es: „Zur Abwehr einer dro-henden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann die Bundesregierung, ..., Streitkräfte zur Un-terstützung der Polizei und des Bundesgrenzschutzes beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Auf-ständischer einsetzen.“ Der hier vorgesehene „Einsatz der Streitkräfte als bewaffnete Macht“ sei auf eine „Bekämpfung von Gruppen militärisch bewaffneter Aufständischer“10 beschränkt. Aber, so die Richter: „(I)m Anwendungsbereich des §14 Abs. 3 LuftSiG geht es nicht um die Abwehr von Angriffen, die auf die Beseitigung des Gemeinwesens und die Vernichtung der staatlichen Rechts- und Freiheitsordnung gerichtet sind.“11 Hinsichtlich des Katastrophennotstandes sehe das Grundgesetz nur eine Verwen-dung polizeitypischer Waffen durch die Bundeswehr vor. Karlsruhe beleuchtet somit schlaglichtartig jene Fragen, die der internationale Terrorismus aus rechts-ethischer Perspektive aufwirft. Im Kern geht es um folgendes Problem: Was ist in rechtlicher Hinsicht ein Terroranschlag? Ein Katastrophennotfall? Eine militä-risch bewaffnete Aufstandsbewegung? Oder gar ein bewaffneter Angriff auf die Bundesrepublik Deutschland? Hinter dieser Dreiteilung steht noch grundlegender eine zweipolige Unterschei-dung, ob nämlich die verfassungsmäßige Ordnung als ganze bedroht ist sei es von innen, sei es von außen oder nicht, was für den Katastrophennotfall gilt. Das Grundgesetz erlaubt den Einsatz militärtypischer Waffen nur für den Fall, daß der Bestand der verfassungsmäßigen Ordnung gefährdet ist. Der Fall, daß ein An-schlag auf partikulare Rechtsgüter nur mit militärtypischen Waffen abgewendet werden kann, ist nicht vorgesehen. Das LuftSiG stellt den gescheiterten Versuch dar, eine legale Antwort auf einen derartigen Anschlag in der gegebenen Rechts-ordnung zu formulieren. So wie die Dinge rechtlich liegen, müßte ein Terroranschlag, wie er im LuftSiG vorausgesetzt wird, hingenommen werden, obwohl er mit militärtypischer Bewaff-nung abgewendet werden könnte. Dies würde sogar dann gelten, wenn sich in einem gekaperten Flugzeug nur Terroristen befänden, so daß der Abschuß des Flugzeuges für das höchste deutsche Gericht wie noch auszuführen ist nicht gegen die Würde des Menschen oder das Grundrecht auf Leben verstoßen würde. Dabei sollte man sich keinerlei Illusionen hingeben, um welches Gefahrenpotential es hier geht. „Der Neue Internationale Terrorismus ... hebt die terroristische Gefahr auf die Stufe einer nicht lokalisierbaren, kriegsähnlichen Bedrohung. An die Stelle politischer Erpressung“, was den Terrorismus früher kennzeichnete, „treten Mas-senvernichtung und grenzenlose Zerstörung.“12 Sind wir dem wehrlos ausgeliefert? Ein Gedanke, der sich an der Grenze des ethisch Unerträglichen bewegt und die Legitimation unserer Verfassung unter Druck setzt! Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz glaubt, diesen Skandal entschärfen zu können. Zumindest Flugzeuge, die im Ausland entführt worden wären, um in Deutschland als Terrorwaffe verwendet zu werden, könnten auf der Grundlage des geltenden Rechts abgeschossen werden, wenn man diese im Licht der Beschlußla-ge des UN-Sicherheitsrates nach dem 11. September 2001 interpretiere: „Bei der Abwehr eines Terrorangriffs von außen, der sich mit polizeilichen Mitteln nicht abwehren läßt und der im Schadensausmaß einem herkömmlichen militärischen Angriff mit Soldaten gleichkommt, müssen die Regeln für die Landesverteidigung gelten. Wenn etwa ein Flugzeug im Ausland entführt und bei uns als Waffe benutzt werden soll, ist das Landesverteidigung. Der UN-Sicherheitsrat hat bei den An-schlägen vom 11. September 2001 ein Recht der USA anerkannt, sich militärisch zu verteidigen.“13 Damit spielt der Politiker auf die Resolutionen 1368 vom 12. September und 1373 vom 28. September 2001 an, die der Sicherheitsrat also kurz nach den schreckli-chen Anschlägen verabschiedete. Der Rat bekräftigt hier etwa gleichlautend, daß „jede Handlung des internationalen Terrorismus eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit“ (1373) darstellt. Somit wird die Frage, wie ein Staat auf einen derartigen Terroranschlag reagieren darf, zu einer Frage der „Gegenmaßnahmen“, die „das Völkerrecht den Opferstaa-ten internationaler Terroraktionen einräumt“14. Zwei Fragen stellen sich: Was verleiht einer terroristischen Handlung Internationalität? Welche Gegenmaßnah-men erlaubt das Völkerrecht? Offensichtlich geht Wiefelspütz davon aus, daß nach Völkerrecht der Abschuß eines Flugzeugs samt Besatzung und Passagieren unter Bedingungen der Selbstverteidigung erlaubt wäre. Bevor dies genauer untersucht wird, sei schon hier darauf hingewiesen, daß allein die Bemühung des sogenannten humanitären Völkerrechts, zu klären, welche Ge-walt man gegen die eigene Bevölkerung anscheinend mitten im Frieden richten darf, zeigt, wie sehr sich die grundlegenden Ordnungsbezüge wie Krieg und Frie-den, innen und außen auflösen. Bisher unterschied man nämlich zwischen dem „Menschenrechtsschutz in Friedenszeit“ und dem „humanitäre(n) Völkerrecht“, das sich „mit den anomalen Gegebenheiten eines bewaffneten Konflikts“15 befaßt. Das Völkerrecht erscheint jetzt als eine Art Reservegrundgesetz, auf das bei Ver-sagen der Verfassung zurückgegriffen wird. Beginnen wir mit der ersten Frage. In der Literatur finden sich, folgt man Thomas Bruha, im Prinzip zwei Antworten. Für eine traditionelle Auslegung kann man von einem „völkerrechtlich erhebliche(n) Konflikt erst nach Identifizierung eines in die terroristischen Aktionen hinreichend verwickelten Staates“16 sprechen. Wenn man dieser Lesart folgt, dann könnte man auch dann nicht von einem Akt des internationalen Terrorismus sprechen, wenn ein ausländisches Flugzeug im Ausland von Ausländern gekapert wird, um beispielsweise in der Bundesrepublik als Tatwaffe eines Terroraktes verwendet zu werden, selbst wenn ein kriegsähnli-ches Schadensausmaß droht, solange kein Staat in diesen Anschlag irgendwie verwickelt ist. Das Problem ist aber, daß in Zukunft immer mehr terroristische Anschläge sozusa-gen von rein privaten Akteuren mit ungeheurem Schadensausmaß geschehen wer-den. Derartige Anschläge würden also, wenn man den Begriff der Internationalität in traditioneller Lesart versteht, keineswegs das völkerrechtliche Normsystem auslösen. Die Bundesrepublik wäre ihnen gegenüber nach dem Karlsruher Urteil in legaler Hinsicht wehrlos. Vor diesem Hintergrund ist verständlich, daß Bruha dafür votiert, von einem „frie-densbedrohenden terroristischen Akt“ dann zu sprechen, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind. So muß erstens „ein gewisses internationales Element“ mit dem An-schlag verbunden sein. „So ist es beispielsweise jenseits allen Zweifels, daß kein Staat den Anspruch erheben kann, in Selbstverteidigung gegen einen bewaffneten Angriff von einer Gruppe von Kriminellen zu handeln, die innerhalb seines Terri-toriums operieren und Bürger dieses Staates sind.“17 Die zweite Bedingung besteht darin, daß mit ihm ein Schaden „kriegsähnlichen Ausmaßes“ einhergeht. „In ihrer Wirkung ... kamen die Anschläge vom 11. Sep-tember einem herkömmlichen Bombardement gleich.“18 „Entscheidend ist, ob materiell eine Situation gegeben ist, die wegen hinreichender Friedensgefährdung eine Anwendung des Instrumentariums der kollektiven Friedenssicherung erforder-lich macht.“19 Drei Punkte sollen aus rechtsethischer Perspektive in Blick auf die Neuinterpretati-on der UN-Charta durch Bruha und Wiefelspütz festgehalten werden: Beginnen wir mit einem Punkt, der Konsens zu sein scheint. Wenn der „einer Friedensbedrohung beschuldigten Terroristenvereinigung“ „eine partielle und passive Völkerrechts-subjektivität“20 zugesprochen wird, dann lösen sich die herkömmlichen Grundka-tegorien auf, in denen die Anwendung von Gewalt rechtlich und ethisch reflektiert und legitimiert wird. Welchen Sinn macht dann überhaupt noch die Unterschei-dung zwischen der Aufrechterhaltung der Rechtsordnung nach innen und der Frie-denssicherung nach außen? Das Grundgesetz der Bundesrepublik beruht jedenfalls auf den herkömmlichen Koordinaten. Die Richter mußten das LuftSiG ablehnen, da das Gesetz versucht, eine mit hinreichender Gewalt bewehrte Terrorismusbekämpfung in der gegebenen rechtlichen Ordnung zu legitimieren, innerhalb derer aber derartige Anschläge nicht adäquat erfaßt werden können. Eine rechtliche Antwort auf die Bedrohung durch den neuartigen, internationalen Terrorismus ist im Rahmen der Grundkoor-dinaten des Grundgesetzes nicht möglich. Daher wird auch jede Grundgesetzände-rung, die sich auf diese Grundkoordinaten bezieht, Stückwerk bleiben. Ferner wirft die Position von Bruha und Wiefelspütz Applikationsprobleme auf: Wann weist ein Terroranschlag ein internationales Element auf? Wann kommt er von außen? Darf man eine Passagiermaschine, die in Kopenhagen von Deutschen entführt wurde, vor Hamburg gegebenenfalls abschießen, wenn sie aber von Aus-ländern in München gekapert wurde, nicht? Es bleibt die „äußerst knifflige Schwierigkeit festzulegen, welches Niveau internationaler Verwicklung gefordert ist, um einen innerstaatlichen (internal) bewaffneten Angriff (der nicht das Recht auf Selbstverteidigung auslöst) in einen Angriff zu verwandeln, der hinreichend internationalisiert ist, um in die Reichweite von Artikel 51 der Charta zu gelan-gen“21, der das Selbstverteidigungsrecht kodifiziert. Welche Antwort man auf diese Fragen auch geben mag, ist doch festzuhalten, daß man nicht an deskriptiven Fakten allein festmachen kann, was den Wechsel vom innerstaatlichen Recht ins völkerrechtliche Normsystem auslöst. Um nicht einem naturalistischen Fehlschluß zu erliegen, müßte darüber hinaus normativ aufgewie-sen werden, daß das Vorliegen eines Faktums welches auch immer rechtferti-gen kann, für die Abwehr eines Terroranschlages ein entschränkteres Gewaltlegi-timationssystem mobilisieren zu dürfen. Wenn man die Domänen des völkerrechtlichen Friedenssicherungsrechts und des humanitären Völkerrechts neu bestimmen will, dann kann als Legitimationsgrund weder das quantitative Element des Schadensausmaßes noch die Tatsache ausrei-chen, daß die Reichweite polizeilicher Maßnahmen nicht dem Problem entspricht. Denn es geht ja um einen Wechsel des Gewaltlegitimationssystems. Dies gilt ins-besondere dann, wenn man, wie Wiefelspütz, davon ausgeht, daß das Völkerrecht das Zugriffsrecht des Staates auf das Leben unschuldiger Menschen wesentlich weiter bestimmt. Diese Problematik wird dadurch noch sinnenfälliger, daß für Bruha Akte des inter-nationalen Terrorismus zwar das Selbstverteidigungsrecht im Sinne der UN-Charta aktivieren können, nicht aber das humanitäre Völkerrecht: „Zwischen Terroristen und den sie bekämpfenden Staaten kann es keinen bewaffneten Konflikt im Sinne des humanitären Völkerrechts geben.“22 Denn die Anwendung des humanitären Völkerrechts würde Terroristen den Schutz des Kombattantenstatus gewähren. Dieser würde bedeuten, daß die Behandlung von Soldaten grundsätzlich von der Legitimität der Sache abgekoppelt wird, für die sie kämpfen. Selbst Soldaten, die an einem offensichtlich völkerrechtswidrigen Angriffskrieg mitwirken, stehen im Blick auf die Behandlung, die ihnen gebührt, rechtlich auf der gleichen Ebenen wie die Soldaten, die an einer völkerrechtskon-formen Anwendung militärischer Gewalt beteiligt sind.23 Damit würden aber Ter-roristen nicht mehr individuell für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen. „Der Negativstatus der Terroristen als Verbrecher“ soll aber „unberührt (blei-ben)“.24 Wenn man aber die Einheit von Selbstverteidigungs- und humanitärem Völker-recht derart zerschlägt, weitet man nicht nur die Anwendungsfälle des Selbstver-teidigungsrechts aus. In Wirklichkeit schafft man eine neue Kategorie, die die überkommenen Koordinaten sprengt. Eine derartige Kategorie verlangt letztlich nach einer neuen Architektur des Völkerrechts, und damit auch des Staatsrechts als dessen Komplementärgröße. Wie auch immer man die Kategorie des „internationalen Terrorismus“ interpretiert, so ein dritter Punkt, macht die von allen geteilte Einstufung des Anschlages auf das World Trade Centre von 2001 als Akt des internationalen Terrorismus ein Weite-res deutlich: Die Trennung zwischen Friedens- und Kriegszeiten ist passé. Die Möglichkeit eines Terroranschlages oberhalb der Schwelle eines bewaffneten Angriffs besteht realiter immer und überall, also nicht etwa nur an den Grenzen der Staaten, sondern über ihr ganzes Territorium hinweg. Damit stellt sich die Aufgabe der Landesverteidigung ebenfalls nicht nur an den Grenzen des Landes und in actu in Kriegszeiten, sondern ubiquitär. Hier deutet sich die ganze Problematik der neuen, so genannten Sicherheitspakete an. Jedenfalls läßt sich festhalten, daß die Herausforderungen des transnationalen Terrorismus innerhalb der neuzeitlichen Grundbezüge des Rechts nicht angenom-men werden können. Die Architektur des Rechts muß heute neu durchdacht wer-den. Bevor dem nachgegangen wird, geht es um das Problem, das bisher im Hin-tergrund stand. Wann darf der Staat unschuldige Menschen töten, von denen kei-nerlei Bedrohung für irgend jemanden ausgeht? II. Die Krise der grundrechtlichen Wertordnung Das Bundesverfassungsgericht unterscheidet in Blick auf das LuftSiG drei idealty-pische Konstellationen, die die Frage aufwerfen, ob in ihnen durch das Gesetz die deliberative Tötung von Menschen unberechtigterweise legalisiert werde. Der erste Fall besteht darin, daß eine Maschine neben den Terroristen mit Passagieren und Besatzung besetzt ist, der zweite darin, daß sich in der Maschine nur Terroristen befinden, und der dritte darin, daß durch den Abschuß einer Maschine Unbeteiligte am Boden zu Schaden kommen könnten. Dabei geht es jeweils um das Problem, ob eine Tötungshandlung gegen den Achtungsanspruch der Würde des Menschen und das Grundrecht auf Leben verstoßen würde. Die Argumentationsfiguren des Karlsruher Urteils sollen im folgenden skizziert und andiskutiert werden, um dann in einem nächsten Schritt vertieft zu werden. Der zweite Fall, dessen rechtliche Problematik primär nur in der Tötung der Terro-risten besteht, wirft keine schwierigen rechtlichen Probleme auf. In diesem Fall ist der Abschuß erlaubt, auch wenn die Tötung der Terroristen einen schweren, aber rechtfertigbaren Eingriff in das Grundrecht auf Leben darstellt: „Wer, wie diejeni-gen, die ein Luftfahrzeug als Waffe zur Vernichtung menschlichen Lebens mißbrauchen wollen, Rechtsgüter anderer rechtswidrig angreift, wird nicht als bloßes Objekt staatlichen Handelns in seiner Subjektqualität grundsätzlich in Frage gestellt ..., wenn der Staat sich gegen den rechtswidrigen Angriff zur Wehr setzt und ihn in Erfüllung seiner Schutzpflicht gegenüber denen, deren Leben ausge-löscht werden soll, abzuwehren versucht. Es entspricht im Gegenteil gerade der Subjektstellung des Angreifers, wenn ihm die Folgen seines selbstbestimmten Verhaltens persönlich zugerechnet werden und er für das von ihm in Gang gesetzte Geschehen in Verantwortung genommen wird. Er wird daher in seinem Recht auf Achtung der auch ihm eigenen menschlichen Würde nicht beeinträchtigt.“25 Dem ist aus rechtsethischer Hinsicht m. E. nichts hinzuzufügen. Könnte der Abschuß auch dann legitimiert werden, wenn unschuldige Menschen am Boden, beispielsweise durch Trümmerteile, zu Tode kämen? Diese Frage, so die Richter, ist in verfassungsrechtlicher Beurteilung des LuftSiG nicht zu ent-scheiden. Denn eine derartige Wirkung gehe keineswegs notwendigerweise mit dem Abschuß eines Flugzeuges einher. Zu entscheiden sei aber, ob das LuftSiG per se, und nicht per accidens verfassungswidrig sei.26 Damit ist die Frage natürlich nicht beantwortet. Die Richter gehen aber offensicht-lich davon aus, daß sich in Fällen ein Abschuß von selbst verbietet, in denen man mit Sicherheit annehmen muß, daß unbeteiligte Menschen am Boden zu Tode kämen.27 Wenn schon, so scheinen die Richter zu denken, die wissentlich-willentliche Tötung Unschuldiger in der zur Terrorwaffe umfunktionierten Ma-schine höchst problematisch, ja letztlich nicht zu rechtfertigen ist, dann gilt dies a fortiori für unschuldige Menschen am Boden, die sicherlich nicht in einem wie auch immer zu beschreibenden engeren Zusammenhang mit der Terrortat stehen und denen man daher nur mit gleich wenig, oder noch geringerer Berechtigung das Leben nehmen könnte als den Passagieren und der Besatzung. Diese a fortiori-Argumentation wird allerdings in dem Moment problematisch, in dem die Argu-mente gegen den Flugzeugabschuß ins Wanken geraten. Damit ist schon die dritte Fallkonstellation berührt. Können Umstände, wie sie im § 14 Abs. 3 LuftSiG angenommen werden, die deliberative Tötung unschuldiger Menschen legitimieren, oder würde diese Tötung gegen das Grundrecht auf Leben verstoßen? Die Antwort der Bundesrichter ist eindeutig und klar: „§ 14 Abs. 3 LuftSiG steht ... im Hinblick auf die Menschen-würdegarantie des Art. 1 GG ... auch materiell mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (sc.: Jeder hat ein Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit) nicht in Einklang, soweit er den Streitkräften gestattet, Luftfahrtzeuge abzuschießen, in denen sich Menschen als Opfer eines Angriffs auf die Sicherheit des Luftverkehrs im Sinne des § 1 LuftSiG befinden.“28 Die anschließende Argumentation der Bundesrichter ist in zwei große Schritte unterteilt. In einem ersten legen sie dar, daß das Grundgesetz dem Staat jede Be-handlung eines Menschen, in der dieser nur noch als Mittel und in keiner Weise als Zweck an sich selbst gilt, kategorisch verbietet. Anklänge an die Kantische Rechtsphilosophie sind unüberhörbar: „Ausgehend von der Vorstellung des Grundgesetzgebers, daß es zum Wesen des Menschen gehört, in Freiheit sich selbst zu bestimmen und sich frei zu entfalten, und daß der Einzelne verlangen kann, in der Gemeinschaft grundsätzlich als gleichberechtigtes Glied mit Eigen-wert anerkannt zu werden ... schließt es die Verpflichtung zur Achtung und zum Schutz der Menschenwürde vielmehr generell aus, den Menschen zum bloßen Objekt des Staates zu machen .... Schlechthin verboten ist damit jede Behandlung des Menschen durch die öffentliche Gewalt, die dessen Subjektqualität, seinen Status als Rechtssubjekt, grundsätzlich in Frage stellt ..., indem sie die Achtung des Wertes vermissen läßt, der jedem Menschen um seiner selbst willen, kraft seines Personseins, zukommt ...“29 In einem zweiten Schritt legen die Richter dar, warum § 14 Abs. 3 LuftSiG die Subjektstellung des Menschen in Blick auf den dort geregelten Fall verletzt und Menschen nur noch als Mittel staatlicher Zwecke mißbraucht. Eine Beschränkung auf das zentrale Argument gegen das Gesetz reicht hier aus. Zunächst stellen die Richter fest, daß die Umfunktionierung eines Passagierflug-zeuges zu einer Terrortatwaffe eine absolute Verdinglichung Unschuldiger bedeu-tet. Dies würde auch für das Handeln des Staates gelten, wenn er ein derartiges Flugzeug abschießen würde. Insofern Passagiere und Besatzung in keiner Weise zum Mißbrauch des Flugzeuges beitragen und auch keinerlei Möglichkeit besitzen, sich aus ihm zu entfernen, würde der Abschuß der Maschine für diese eine reine Fremdverfügung bedeuten: „Eine solche Behandlung mißachtet die Betroffenen als Subjekte mit Würde und unveräußerlichen Rechten. Sie werden dadurch, daß ihre Tötung als Mittel zur Rettung anderer benutzt wird, verdinglicht und zugleich entrechtlicht; indem über ihr Leben von Staats wegen einseitig verfügt wird, wird den als Opfern selbst schutzbedürftigen Flugzeuginsassen der Wert abgesprochen, der dem Menschen um seiner selbst willen zukommt.“30 Die Richter legen also die Pflicht des Staates, das Leben Unschuldiger zu achten, rigide aus. Zur Verdeutlichung: Reinhard Merkel hat im Kontext der Debatte zum Luftsicherheitsgesetz daran erinnert, daß es rechtlich gerechtfertigt ist, daß ein geistesgegenwärtiger Kranfahrer eine Betonplatte auf ein Auto fallen läßt, wenn dessen Fahrer einen Schlaganfall erlitten hätte und das Fahrzeug in eine Kindergar-tengruppe zu rasen drohe. Sicherlich wäre auch der Staat zu einer derartigen Tö-tung berechtigt. Wenn auch der unglückliche Fahrer keine Straftat begeht, ist er „von einem bösen Schicksal zur Gefahrenquelle für andere gemacht worden“.31 Er ist der Gefahrenverursacher. Nun stellen wir uns vor, dieser Fahrer habe auf dem Rücksitz ein Kind. Es ist ge-nauso wenig ein Gefahrenverursacher wir die Passagiere in dem Flugzeug, was von Terroristen gekapert worden ist. Wenn ich das Karlsruher Urteil richtig verste-he, müßte dessen Wertgehalt auf diesen Fall übertragen, jede Handlung verbieten, die das Auto zum Stoppen bringt, und dabei voraussehbar auch das Kind tötet. Es würde also die gebotene Achtung vor der Würde des Kindes und sein Recht auf Leben durch eine derartige Mit-Tötung verletzt. Ist das plausibel? Bevor ich diesem Problem nachgehe, ist noch eine andere Frage zu klären: Hat also das höchste Gericht jede wissentlich-willentliche Tötung eines unschuldigen Menschen ausnahmslos verurteilt, weil sie gegen den Achtungsanspruch der Men-schenwürde verstoße, somit immer grundgesetzwidrig und daher mit der ganzen Härte des Strafrechts zu verfolgen sei? Die erstaunliche Antwort lautet: Nein! III. Grenzen des Rechts auf Leben? An zwei Stellen relativieren die Verfassungshüter ihr so kategorisches Verwer-fungsurteil über die Tötung Unschuldiger. So machen sie deutlich, daß sie sich nur im Blick auf einen „in § 14 Abs. 3 LuftSiG vorausgesetzten nichtkriegerischen Luftzwischenfall“32 äußern. Die Frage, ob der Staat Unschuldigen das Leben neh-men darf, wenn deren Tötung als Mittel zum Zweck des Staatserhalts notwendig ist, bleibt expressis verbis offen: „Der Gedanke, der Einzelne sei im Interesse des Staatsganzen notfalls verpflichtet, sein Leben aufzuopfern, wenn es nur auf diese Weise möglich ist, das rechtlich verfaßte Gemeinwesen vor Angriffen zu bewah-ren, die auf dessen Zusammenbruch und Zerstörung abzielen ..., führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis (sc. der Verfassungswidrigkeit des LuftSiG). Dabei braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob und gegebenenfalls unter welchen Um-ständen dem Grundgesetz über die mit der Notstandsverfassung geschaffenen Schutzmechanismen hinaus eine solche solidarische Einstandspflicht entnommen werden kann. Denn im Anwendungsbereich des § 14 Abs. 3 LuftSiG geht es nicht um die Abwehr von Angriffen, die auf ... die Vernichtung der staatlichen Rechts- und Freiheitsordnung gerichtet sind.“33 Diese Feststellung ist erstaunlich. Wenn gilt: „Das menschliche Leben ist die vitale Basis der Menschenwürde als tragendem Konstitutionsprinzip und oberstem Ver-fassungswert“34, daher der Einzelne niemals nur als Objekt behandelt werden darf und eine Instrumentalisierung vorliegt, wenn er als Mittel zur Rettung anderer getötet wird, warum wird dann irgendein Spielraum für die Frage eingeräumt, ob die Opferung eines Unschuldigen für das Große und Ganze rechtfertigungsfähig sein kann? Ob eine Instrumentalisierung eines Menschen vorliegt, kann nicht von der Bedeutsamkeit des Zieles abhängen, für das er verdinglicht werden soll. Dennoch erzeugen die Richter den berühmten ‚centimeter of ambiguity’. Späte¬stens hier ist das Unbehagen zu spüren, das selbst die Verfassungshüter im Blick auf die Konsequenzen ihres Urteils haben. Sie ziehen sich auf die Position zurück, nur das LuftSiG zu überprüfen. Die Frage, ob und unter welchen Bedingungen ein Mensch verpflichtet ist, sein Leben zu opfern, und es daher erlaubt sein kann rechtlich und/oder moralisch ihm im Dienst höherer Ziele das Leben zu nehmen, beantworten sie nicht. Letztlich geht es hier um die Frage, ob das Völkerrecht einen anderen Zugriff auf den Einzelnen erlaubt. Bevor dieser Frage endlich größe-re Aufmerksamkeit geschenkt werden kann, soll zunächst die zweite Selbstrelati-vierung der Richter in den Blick genommen werden. Die Richter setzen sich ausdrücklich mit der Frage auseinander, ob ihr Urteil über die Verfassungswidrigkeit des LuftSiG eine entsprechend massive strafrechtliche Bewertung eines dennoch vorgenommen Abschusses eines Zivilflugzeuges nach-ziehen muß. Die Frage wird expressis verbis offen gehalten: „Dabei ist hier nicht zu entscheiden, wie ein gleichwohl vorgenommener Abschuß und eine auf ihn bezogene Anordnung strafrechtlich zu beurteilen wären.“35 Diese Feststellung grenzt fast an eine Einladung zu einem verfassungswidrigen Handeln, stellt sie doch die Möglichkeit in Aussicht, eine strafrechtliche Milde zu erfahren, die das verfassungsrechtliche Unwerturteil nicht abbildet. Worauf stützen die Richter ihre, nun ganz eindeutige Ambiguität? Gibt es also neben oder gar oberhalb der Verfassung eine Normebene, die zu anderen Ergebnissen führt, auf die sich eine strafrechtliche Bewertung stützen könnte? Wie verhalten sich die Normebenen zueinander? Hier wird deutlich, wie perplex sich der Staat vor der terroristischen Bedrohung vorfindet. Im Folgenden soll zunächst die Problematik diskutiert werden, ob der Achtungsan-spruch der Menschenwürde und das Grundrecht auf Leben unter Kriegsbedingun-gen zusammenschmilzt, bevor es dann um die Frage gehen kann, ob es jenseits des Grundgesetzes eine normative Ebene staatlichen oder privaten Handelns geben kann. a) Die Karlsruher Richter lassen es offen, ob der Abschuß eines Zivilflugzeuges samt Passagieren und Besatzung unter Bedingungen erlaubt sein kann, unter denen der Bestand der Bundesrepublik wie in Zeiten des Krieges gefährdet ist. Damit stellt sich die Frage, in welcher Weise das Kriegsvölkerrecht einen Zugriff auf das Leben Unschuldiger, oder in der Sprache des humanitären Völkerrechts, auf das Leben von Zivilpersonen erlaubt. Die einschlägige Rechtsquelle für die Beantwortung dieser Frage bildet das Verbot der unterschiedslosen Kampfführung, welches das ‚Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler be-waffneter Konflikte (Protokoll I) vom 10. Juni 1977 kodifiziert. Folgt man dem Völkerrechtler Stefan Oeter, dann ist „(d)as Verbot der unter-schiedslosen Kampfführung ... die wichtigste Konsequenz und zugleich eine Modifikation der grundlegenden Ausrichtung der Kampfführung am Erfordernis der ‚militärischen Notwendigkeit’“.36 Das Diskriminationsgebot verlangt zunächst, daß „die Gewalt wirklich gezielt gegen militärische Objekte (und Kombattanten) eingesetzt wird.“37 Es ist also niemals erlaubt, militärische Gewalt direkt gegen Zivilpersonen einzusetzen. Auch ist es verboten, Gewalt so einzusetzen, daß in ihrem Wirkungsradius militärische und nicht-militärische Ziele in einer einzigen Gesamtwirkung erfaßt sind. Viel-mehr gilt: Der „Einsatz von Gewaltmitteln muß nicht nur intentional rein auf die Bekämpfung militärischer Ziele ausgerichtet sein, sondern er muß auch in seinen Wirkungen grundsätzlich auf das militärische Ziel zu beschränken sein.“38 Nur unter dieser Bedingung kann der an der Zivilbevölkerung angerichtete Schaden als Kollateralschaden gerechtfertigt werden. Dazu muß aber eine zweite Bedingung, das Proportionalitätsprinzip, erfüllt wer-den. „Kollateralschäden an zivilen Gütern“ sind „nur insoweit hinnehmbar ..., als der durch die Bekämpfung des ‚militärischen Zieles’ erlangte konkrete Vorteil auch tatsächlich die in Kauf genommenen Kollateralschäden rechtfertigt.“39 Wenn also viele Zivilpersonen Opfer einer gegen ein militärisches Ziel gerichteten Ge-walt werden, das unbedeutend ist, sind diese Tötungen illegitim, auch wenn sie als Kollateralschaden gelten können. Die Konsequenz ist, daß man „(e)ine absolute Grenze dafür“, ab wann ein Kollateralschaden nicht mehr rechtfertigungsfähig ist, „wird ... kaum angeben können, hängt das Ausmaß der hinzunehmenden Kollate-ralschäden doch von der militärischen Bedeutung ab, die dem Ziel in der operati-ven Gesamtplanung zukommt.“40 Das völkerrechtliche Verbot der unterschiedslosen Kampfführung besteht also aus zwei Prinzipien dem Diskriminations- sowie dem Proportionalitätsprinzip , die beide zugleich erfüllt sein müssen, damit die Tötung einer Zivilperson hingenom-men werden kann. Diese beiden Prinzipien stammen aus der Lehre vom gerechten Krieg und sind heute integraler Teil der modernen kirchlichen Friedenslehre.41 Die entscheidende Frage lautet nun, ob der Abschuß eines Flugzeugs, das sowohl mit Terroristen als auch mit Passagieren und Besatzung bemannt ist, sowohl als proportional als auch als diskriminatorisch gelten kann. Beginnen wir mit dem Diskriminationsgebot. Sollte sich der Abschuß einer Passagiermaschine als in-diskriminatorisch erweisen, stellt sich das Proportionalitätsproblem nicht mehr. Ein Abschuß wäre niemals erlaubt. Das Diskriminationsprinzip stellt einen Anwendungsfall des weiter gefaßten Prin-zips von der Doppelwirkung einer Handlung dar. Dessen Grundgedanke besteht darin, daß es niemals erlaubt ist, eine Handlung zu vollziehen, die sittlich dem Genus der Tötung eines Unschuldigen zuzuordnen ist. Nun gibt es aber Handlun-gen mit zwei Wirkungen, und es stellt sich die Frage, an welcher dieser Wirkungen sich deren sittliches Genus festmacht. Nehmen wir ein Beispiel: Ein Arzt gibt einer Schwangeren ein Medikament, ohne das sie sterben würde, das aber zugleich eine Fehlgeburt auslöst. Begeht der Arzt eine Abtreibung? Dieses Grundanliegen darf im folgenden nicht aus den Augen verloren werden. Es geht immer darum, einen schmalen Pfad zu wandern, nämlich die Pflichten, Leben zu achten und zu schützen, möglichst zugleich zu erfüllen. Niemals darf die Ach-tungspflicht der Schutzpflicht geopfert werden. Wer aber die sittliche Not nicht spürt, die mit dem Verzicht auf die Erfüllung der Schutzpflicht einhergeht, dem wird das Nachfolgende nur zynisch vorkommen, was es gerade nicht ist. Nach der Lehre von der Doppelwirkung müssen vier Bedingungen42 erfüllt sein, damit eine Handlung mit voraussehbarer Todesfolge nicht dem Genus einer Tö-tungshandlung zugeordnet wird. Erstens muß der Akt seiner Natur nach auf jene Wirkung zugeschnitten sein, die über das Genus der Handlung entscheidet. Wenn ein ganzes Wohnhaus samt seinen zivilen Bewohner in die Luft gejagt wird, um gegen die in seinem Keller befindlichen Soldaten vorzugehen, dann ist der Tod der Zivilpersonen sicherlich keine Nebenfolge. Anders liegen die Dinge, wenn man die Soldaten gezielt beschießt, und durch Splitterwirkung Zivilisten zu Tode kommen. Zweitens müssen Haupt- und Nebenwirkungen zugleich realisiert werden. Die negative Wirkung in unserem Beispiel der Abort darf nicht Mittel zum Zweck der Erreichung der positiven Wirkung sein. Dann läge eine Instrumentalisierung vor. Drittens kann die Tötung eines Menschen nicht als Nebenwirkung gerechtfertigt werden, wenn die positive Wirkung auch auf andere Weise erzielt werden kann. Wer einer Schwangeren ein Medikament verabreicht, das eine Fehlgeburt auslöst, obwohl ihm eine wirkungsgleiche Alternative zur Verfügung steht, mit der keine gravierenden Nebenwirkungen einhergehen, begeht eine Abtreibung. Viertens ist verlangt, daß derjenige, der die Handlung mit Doppelwirkung begeht, durch die positive Wirkung motiviert ist. Andernfalls begeht er in seinem Herzen eine verbo-tene Tötung. Ich hatte in einem früheren Beitrag43 die Meinung vertreten, daß sich der Abschuß einer Zivilmaschine nicht als Nebenwirkung rechtfertigen läßt. Ich habe meine Ansicht geändert. Damals ging ich davon aus, daß sich der Abschuß einer Maschi-ne, die von Terroristen gekapert worden ist, genauso wenig rechtfertigen läßt, wie die Bombardierung eines Wohnhauses, in dem sich Zivilpersonen und Soldaten befinden. Ein Student machte mich darauf aufmerksam, daß es in der Konsequenz meiner Argumentation läge, daß man einen Panzer dann nicht beschießen dürfe, wenn sich eine Zivilperson gegen deren Willen in diesem befinde. Ein skrupelloses Regime bräuchte also sämtliche Panzer neben deren militärischen Besatzungen nur mit einem Säugling zu bemannen, und schon sei der angegriffene Staat nicht mehr in der Lage, sich auf legitime Weise gegen diesen Angriff zur Wehr zu setzen. Ein Ungedanke! Der Fehler in meiner früheren Argumentation besteht darin, daß von dem Wohn-haus als solchem keine Gefahr ausgeht. Es ist keine Waffe. Hingegen wird die Zivilmaschine zu einer Waffe umfunktioniert. Ziel des Abschusses ist nicht primär die Bekämpfung der Terroristen, sondern die Unschädlichmachung der Maschine. Wenn sich in dem bezeichneten Wohnhaus nur Zivilpersonen aufhalten sollten, wäre es ein Kriegsverbrechen, dieses zu beschießen. Während die Gefahr, die von einem Zivilflugzeug ausgeht, das von Terroristen ferngesteuert wird, nicht geringer ist, als wenn sie sich an Bord befänden. Dann stellt der Tod der Besatzung und der Passagiere genauso eine Nebenwirkung der Unschädlichmachung der Zivilmaschi-ne dar wie der Tod eines Säuglings in einem abgeschossenen Panzer. Da man unterstellen darf, daß die anderen Bedingungen des Diskriminationsprinzips erfüllt sind, ließe sich der Tod der Besatzung und Passagiere eines abgeschossenen Flug-zeuges als Nebenwirkung darstellen, wenn die von diesem Flugzeug ausgehende Gefahr nur so abgewehrt werden kann. Das gleiche würde m. E. auch im Blick auf den Tod jener Menschen gelten, die durch herabfallende Trümmerteile das Leben verlieren. Deren Tod qualifiziert das Genus der Abschußhandlung so wenig wie die durch Splitterwirkung zu Tode kommenden Bewohner des Hauses, in dessen Keller Soldaten bekriegt werden. Bleibt das Kriterium der Proportionalität, das eine negative Handlungsfolge erfül-len muß. Wenn gesundheitliche Probleme unbedeutend sind, dann ist deren Behe-bung zum Preis eines Abortes nicht zu rechtfertigen. Ist also der Abschuß eines Zivilflugzeuges zur Abwehr eines Terroranschlages proportional? Wenn mit hin-reichender Gewißheit davon auszugehen ist, daß die gekaperte Maschine in ein Kernkraftwerk oder eine Chemiefabrik gelenkt werden soll, und man annehmen muß, daß eine ungeheure Zahl von Menschen vielleicht sogar höchst qualvoll sterben müßte, ist das Proportionalitätsprinzip wohl erfüllt. Gilt dies auch, wenn das Flugzeug in ein Haus stürzen wird, in dem sich nur ein einziger Mensch aufhält? Vielleicht ja! Wenn ein Flugzeug in den Fällen nicht abgeschossen würde, in denen die Zahl der unschuldigen Menschen in der Maschi-ne höher ist als die der geretteten, dann wäre dies eine Einladung zu einem ent-sprechenden Vorgehen an alle, die dazu entschlossen sind. In die Proportionalitäts-erwägung müssen also auch langfristige Überlegungen wie die Abschreckungswir-kung eines Abschusses eingehen. Eine andere Frage ist es, ob sich das Prinzip der Doppelwirkung halten läßt. Die Diskussion hierüber scheint kein Ende zu nehmen.44 Wir können dem hier nicht nachgehen. Entscheidend ist, daß das Prinzip vom duplex effectus nicht Leben gegen Leben verrechnet. Das Prinzip kann nur eine deliberative Handlung mit Folge der Tötung eines Unschuldigen rechtfertigen, die in der Ordnung der Moral nicht als Tötungshandlung zu qualifizieren ist. Jede Argumentation, die den Ach-tungsanspruch der Menschenwürde sowie das Recht auf Leben an irgendeine ande-re Voraussetzung bindet als die Zugehörigkeit zur Spezies Mensch, und sei es eine noch so kurze Lebensdauer, ist letztlich willkürlich und kann nicht überzeugen.45 Man muß also den Richtern Recht geben, wenn sie jede Verrechnung menschli-chen Lebens zurückweisen. Es ist aber m. E. nicht einzusehen, warum nicht die Argumentationsform des principium duplicis effectus, das dem völkerrechtlichen Verbot der unterschiedslosen Kriegsführung zugrunde liegt, auch für die inner-staatliche Rechtswahrung Geltung beanspruchen kann. Jedenfalls kann es nicht sein, daß der Würdeanspruch und das Grundrecht auf Leben dann nicht mehr gelten sollen, wenn der Bestand des Gemeinwohls auf dem Spiel steht. Der Verfassungsstaat verliert seine Legitimation, wenn er für sich eine noch größere Absolutheit beanspruchen wollte, als er sie der Menschenwürde zuspricht. Es gibt keine verfassungskonforme Legitimationsebene oberhalb der Verfassung. Damit gerät die zweite Relativierung in den Blick, die die Richter an ihrem Urteil vorgenommen haben. b) Kann man sich wirklich vorstellen, daß ein Politiker es zuläßt, ein Flugzeug auf ein Kernkraftwerk stürzen zu lassen, so daß Hunderttausende qualvoll sterben würden, wenn er dieses abschießen lassen könnte, selbst wenn im Flugzeug Un-schuldige sitzen? Wie oben gezeigt, scheinen selbst die Bundesrichter ein gewisses Unbehagen bei dem Gedanken zu haben, ihre Grundrechtsauslegung würde wirk-lich befolgt. Karlsruhe versucht dem Dilemma zu entgehen, indem es offen läßt, ob seine kate-gorische Verwerfung eines Abschusses von dessen strafrechtlichen Bewertung widergespiegelt werden müßte. Damit nehmen sie ein Argument auf, das sich in vielen Varianten findet. Ihnen ist gemeinsam, daß die Verfassung die Tötung eines Unschuldigen durch den Staat niemals zulassen kann, daß aber dennoch die Pflicht besteht, in Szenarien, wie sie das Luftsicherheitsgesetz in den Blick nimmt, Flug-zeuge abzuschießen. Zumindest hofft man darauf, daß es eine Person geben wird, die aus Verantwortung tut, was das Recht verbietet. Es muß also, folgt man diesen Argumenten, eine Bewertungsebene neben, unter- oder oberhalb der Verfassung geben, die in Wirklichkeit handlungsleitend ist. Die Verfassung ist dann nur noch eine symbolische Repräsentanz dessen, wer wir eigentlich sein wollten und sollten, in einer Welt, die leider nicht so ist, uns dies zu erlauben. Jedenfalls zeigt sich, daß in großer Breite die Verfassung als unzurei-chende Basis empfunden wird, um im Kampf gegen Terroristen die Frage zu be-antworten, was erlaubt ist und was nicht. Aus dem weiten Feld der Argumentationsformen seien nur zwei angesprochen: Das Argument eines gegenüber der Verfassung eigenständigen Strafrechts und das des übergesetzlichen Notstandes. - Beginnen wir mit dem Strafrechtsargument. Wenn eine von der Verfassung un-abhängige Strafrechtssprechung halbwegs rechtsstaatlichen Ansprüchen folgen soll, dann wäre das nur möglich, wenn sie generalisierbaren Prinzipien, Regeln etc. folgt. Letztlich bedürfte es einer lex fundamentalis poenalis, die nicht das Grund-gesetz wäre. Das Argument der Verfassungsrichter läuft in Wirklichkeit auf eine zweite Rechtsordnung hinaus, die dann die wirklich leitende wäre. Im Blick auf diese Poenalverfassung wären dann all jene Fragen erneut zu diskutieren, die jetzt vom Gericht kategorisch verneint wurden. Unter welchen Bedingungen hätten denn ein Politiker und ein Pilot mit einem milden Urteil zu rechnen, wenn sie ein Flugzeug mit Besatzung und Passagieren abgeschossen haben? - Zur Argumentationsfigur des übergesetzlichen Notstandes: Bundesverteidi-gungsminister Jung (CDU) erklärte nach der Verkündigung des Urteils, daß er weiterhin Kampfflugzeuge aufsteigen lassen werde, die versuchen könnten, ver-dächtige Flugzeuge abzudrängen oder die einen Warnschuß abgeben. Dann heißt es im Bericht der FAZ: „Unbemannte oder nur mit Terroristen bemannte Flugzeu-ge würde er mit Berufung auf den übergesetzlichen Notstand und Notwehr weiterhin abschießen lassen, sagte der Minister. Wenn allerdings Unbeteiligte darin säßen, dann gehe das ... nicht, daran habe das Verfassungsgericht keinen Zweifel gelassen. ‚Daran werden wir uns halten’, sagte Jung.“46 Der Bundesminister ist sich also darüber im klaren, daß es nach dem Urteil aus Karlsruhe keine gesetzliche Grundlage für den Abschuß selbst eines nur mit Terro-risten besetzen Flugzeuges gibt. Dazu bemüht er den übergesetzlichen Notstand. Warum aber sollte diese Argumentation nicht auch den Abschuß einer mit Passa-gieren besetzen Maschine erlauben? Im übergesetzlichen Notstand kann also nicht alles erlaubt sein. Auch diese Argumentationsfigur verlangt eine Legitimationsba-sis, auf der zwischen unerlaubtem und erlaubtem Handeln unterschieden werden kann. Wenn die Frage, was im übergesetzlichen Notstand erlaubt sein soll, nicht völlig dem Privat-Willkürlichen überlassen werden soll, dann müßte sie öffentlich debat-tiert und kodifiziert werden. Dies gilt insbesondere im Blick auf eine strafrechtli-che Bewertung eines Abschusses unter Berufung auf den übergesetzlichen Not-stand. Wäre eine derartige Debatte über die Legitimitätsgrenzen staatlichen Han-delns jenseits des Grundgesetzes ohne Schizophrenie führbar? Wenn also die Verfassung in der gegebenen Form nicht nur in ihren formalen Bezügen, sondern auch materiell-inhaltlich nicht geeignet sein sollte, den Staat und seine Bürger zu einem rechten Handeln im Kampf gegen den Terrorismus anzulei-ten, dann kann es letztlich nur eine Möglichkeit geben: eine grundlegende, auch materielle Verfassungsreform bzw. eine grundlegend andere Verfassungsinterpre-tation. Ob das Prinzip der Handlung mit doppeltem Effekt weiterhelfen kann, müß-te grundlegend diskutiert werden. Jedenfalls ist festzuhalten, daß das, was in jeder Hinsicht und unter allen Umständen als Verstoß gegen jede mögliche rechtsstaatli-che Verfassung gelten muß, auch nicht auf andere, das Verfassungsverbot über-trumpfende Weise gerechtfertigt werden kann. Die hier erörterten Fragen nach dem Ende des überkommenen Grundrasters einer rechtlichen Ordnung sowie dem Zugriffsrecht des Staates auf das Leben des rechtstreuen Bürgers stehen in einem größeren Zusammenhang, nämlich der Neu-justierung des spannungsreichen Verhältnisses zwischen Freiheit und Sicherheit. IV. Zur Profilierung der rechtsethischen Herausforderung Die Antwort des deutschen Gesetzgebers auf die Gefahren des Terrors ist Gegen¬stand einer aufschlußreichen Studie von Oliver Lepsius.47 Seine Kernthese lautet, daß der Staat in der Gefahr ist, in dem Versuch, die Freiheit zu schützen, sie abzu-schaffen. Diese These soll hier zunächst repetiert werden. M. E. ist diese Analyse in einen größeren Zusammenhang zu stellen, um die Herausforderung, vor der der Verfassungsstaat steht, adäquat in den Blick zu nehmen. In den Wochen nach dem 11. September 2001 verabschiedete der Bundestag zwei so genannte Sicherheitspakete. Die Details brauchen hier nicht nachgezeichnet zu werden. Wichtiger ist die Grundthese, die Lepsius verfolgt: Aus Sicherheit als einem Maßstab für das Austarieren subjektivrechtlich bestimmter Freiheitsgrund-rechte, die sich vor Gericht einklagen lassen, ist ein objektivrechtliches Gut ge-worden, über das politisch disponiert wird. Individuelle Freiheit ist funktional zur gesellschaftlichen Sicherheit geworden. Grob läßt sich diese Analyse in drei Schritten rekonstruieren, wobei von Lepsius’ Argumentationsstruktur abgewichen wird. Ein erster Schritt besteht in der Klärung dessen, in welcher Weise der gegenwärti-ge Terrorismus vom Gesetzgeber als neuartig empfunden wird. Lepsius faßt diese Interpretation unter den Begriffen der ‚Entindividualisierung’ und ‚Entregionalisie-rung’. Terroranschläge lassen sich nicht mehr einem Individuum oder einem iden-tifizierbaren Kreis von Individuen zurechnen. Das Individuum erscheint als aus-tauschbare Maske eines diffus-verschwommenen, weltweiten Netzwerkes. Auf diese Situation reagiert der Gesetzgeber, so der zweite Argumentationsschritt, indem er auf eine Rechtsfigur zurückgreift, die auf eine Rechtssprechung des Bun-desverfassungsgerichts aus dem Jahre 1975 zur Abtreibungsproblematik zurück-geht. Entscheidend ist hier die Interpretation des Grundrechts auf Leben nicht nur als eines subjektrechtlichen Grundrechts, sondern auch als einer objektivrechtli-chen Institution, auf deren Förderung der Staat verpflichtet ist.48 So heißt es im damaligen Urteil: „Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsge-richts enthalten die Grundrechtsnormen nicht nur subjektive Abwehrrechte des Einzelnen gegen den Staat, sondern sie verkörpern zugleich eine objektive Wert-ordnung, die als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts gilt und Richtlinien und Impulse für Gesetzgebung, Verwaltung und Recht-sprechung gibt ...“49 Dieses Verständnis von Grundrechten hatte zwei Konsequenzen. Die erste wird deutlich, wenn man die Frage stellt, in welchem Umfang der Staat verpflichtet ist, welches Grundrecht zu fördern, zumal angesichts knapper Mittel Abwägungen unabweisbar sind. Will man die Haushaltskompetenz des Parlamentes nicht in die Gerichte verlagern, muß man die Idee der Einklagbarkeit der Grundrechte in ihrer institutionellen Dimension aufgeben. Die Grundrechte „binden den Gesetzgeber und die vollziehende Gewalt nur objektiv, als Grundsatznorm, begründen aber keine unmittelbar einklagbaren Ansprüche außer der Abwehr extrem mißbräuchli-cher Untätigkeit.“50 Die Wahrung der Grundrechte in ihrer objektivrechtlichen Dimension ist also eine politische Aufgabe. Die zweite Konsequenz besteht in der Ausweitung der jetzt politisch variablen Eingriffsbefugnis des Staates in Freiheitsrechte. Im Urteil des BVerfG von 1975 liest sich das so: „Wenn der Staat durch eine wertentscheidende Grundsatznorm verpflichtet ist, ein besonders wichtiges Rechtsgut auch gegen Angriffe Dritter wirksam zu schützen, so werden oft Maßnahmen unvermeidlich sein, durch welche die Freiheitsbereiche anderer Grundrechtsträger tangiert werden.“51 Diese Eingriffslegitimation hat erhebliche Auswirkung für die gesamte Grund-rechtsarchitektur, was Lepsius pointiert herausstreicht: „Grundrechtseingriffe konnten nun nicht mehr bloß mit kollidierenden Freiheitsinteressen gerechtfertigt werden, sondern auch über eine grundrechtliche Schutzdimension, die sich von den individuellen Freiheitsrechten entfernte und dem Staat zugute kam. ... Dadurch verwandelten sich die Grundrechte von individuellen Abwehrrechten in kollektive Leistungspflichten ... Mit Hilfe einer Argumentation über Schutzpflichten können nicht-individuelle Rechtsgüter in eine ranggleiche Abwägung mit individuellen Freiheitsrechten gestellt werden.“52 Vor dem Hintergrund dieser beiden Schritte wird der dritte, abschließende Argu-mentationsschritt verständlich. Lepsius sieht in den neuen Sicherheitspaketen eine Philosophie sich niederschlagen, die auf eine Entindividualisierung der Menschen überhaupt hinausläuft: „Wenn sich jeder Deutsche biometrisch erfassen lassen muß“ was natürlich noch nicht der Fall ist, aber doch diskutiert wird , „kommt dies einem Generalverdacht nahe. Der Einzelne wird wie schon bei verdachtslosen Polizeikontrollen nicht als Individuum in Anspruch genommen, sondern als Teil einer schon abstrakt gefährlichen Gesellschaft. Menschliches Verhalten steht hier unter prinzipiellem Gefahrenverdacht, ohne daß der Einzelne durch sein Verhalten daran etwas ändern kann.“53 „Der Einzelne wird nicht mehr als prinzipiell rechtstreuer Bürger wahrgenommen, sondern umgekehrt als potentielle Gefahr. ... Dieses veränderte Menschenbild der Mensch als austauschbares, entindividualisiertes Systemelement der Gesellschaft läßt die grundrechtlichen Sicherungen leerlaufen und entzieht sich den verfas-sungsrechtlichen Kontrollmaßstäben.“54 Wurde bei der Bekämpfung des RAF-Terrorismus durch das so genannte Kontakt-sperregesetz das nicht-individuelle Rechtsgut der Sicherheit vor Anschlägen den individuellen Freiheitsrechten der Terroristen, die niemanden anderen repräsentier-ten als sich selbst, vorgezogen, wird jetzt das nicht-individuelle Rechtsgut der Sicherheit mit dem nicht-individuellen Rechtsgut der Freiheit der als prinzipiell gefährlich eingestuften Gesellschaft abgewogen. Dem Einzelnen bleibt nur noch so viel Freiheit, wie ihm als Element einer grundsätzlich bedrohlichen Masse zuge-standen werden kann: „Die Freiheit des Einzelnen wird ... nicht mehr individuell geschützt, sondern nur noch als Reflex der Freiheit der Gesellschaft. ... Da die Freiheit der Gesellschaft bedroht ist, muß er mögliche Einschränkungen seiner individuellen Freiheit hin-nehmen, sofern sie dem Ziel der Sicherung der gesellschaftlichen Freiheit dienen ... Die individuelle Freiheit wird zu einer Freiheit unter Gesellschaftsvorbehalt.“55 Letztlich läuft dies auf das Ende des Verfassungsstaates hinaus: „Sicherheit hat sich vom Rechtsgut zum Staatszweck und damit zu einem Ermächtigungsvehikel unbestimmter Größenordnung entwickelt.“56 Lepsius macht mit seinen Analysen und Interpretationen auf eine reale Gefahr aufmerksam. Allerdings sind sie m. E. in einen größeren Kontext zu stellen. Die von Lepsius identifizierte Entwicklung ist Folge einer Invertierung der an die Grenze des Staates verlagerten Sicherheitswahrung ins Überall des Staates und der damit einhergehenden Diffusion von Sicherheitspolitik und Rechtswahrung. Eine der großen historischen Errungenschaften des neuzeitlichen Staates bestand darin, daß er die Garantie der Sicherheit für den Staat als ganzen an seine Außen-grenzen verlagert hat. Die Wahrung der individuellen Freiheitsrechte in den Staa-ten war immer funktional zur äußeren Sicherheit. Nur in dem Maße, in dem der Rechtsraum des Staates als ganzer gesichert war, konnte er nach innen eine liberale Rechtsordnung errichten. Die Friedenssicherung nach außen zeigte immer mehr oder weniger jene Merkma-le, die Lepsius im Blick auf die Wahrung der Sicherheit durch die neuen Gesetze ausmacht. Zur Sicherung seiner Grenze nach außen griff und greift der Staat in entindividualisierter Weise in die Freiheitsrechte seiner Bürger ein. Die allgemeine Wehrpflicht sucht Soldaten nur nach entindividualisierten, verhaltens- und tatenun¬abhängigen Merkmalen. Damit wird die Rationalität des Rechts keineswegs unter-graben, sondern erst gewahrt. Inbegriff der Entindividualisierung der zwischenstaatlichen Friedenssicherung überhaupt ist die Uniform, die der anderen sowie der eigenen Soldaten. Das huma-nitäre Völkerrecht schützt den Soldaten, der im Auftrag seiner Regierung an einer völkerrechtswidrigen Aggression mitwirkt nicht weniger als den Soldaten, der sein Land gegen eine solche verteidigt. Hinzu kommt, daß die zwischenstaatliche Friedenswahrung bis heute de facto weitgehend durch Allianzen und Bündnisse geschieht. Das bedeutet, daß es im rein politischen Ermessen liegt, welche Beistandspflichten ein Staat über die des kol-lektiven Sicherheitssystems der UN hinaus übernimmt, ob und über welchen Zeit-raum er Bürger zum Wehrdienst einzieht, wie viel Geld er in Rüstung investiert, etc. Das Problem, daß der Terrorismus darstellt, besteht also nicht zuletzt darin, daß die beiden Aufgaben des Staates, nämlich die Wahrung der Sicherheit als Kollektivgut und die Garantie der Grundrechte, nicht mehr nebeneinander und somit getrennt bearbeitet werden können. Die Gefahr von Terroranschlägen droht überall. Die neuen Sicherheitspakete verdeutlichen das Problem, daß die Wahrung der Sicher-heit als Kollektivgut jetzt auf Kosten der Grundrechtsgarantie geht und diese weit-gehend aufzulösen droht. Es sind aber nicht nur die Grundrechtsstandards, die wegzubrechen drohen. Terro-risten unterminieren nämlich auch jene Humanitätsstandards, die das Völkerrecht gesetzt hat. Diese bestehen in einer deutlichen Unterscheidung von Kriegs- und Friedenszeiten, Kampfzonen und allem, was außerhalb dieser liegt, sowie von Kombattanten und Zivilpersonen. Mit Terroranschlägen ist immer und überall sowie unterschiedslos gegen jedermann zu rechnen. Im Kampf gegen den Terrorismus löst sich also nicht nur das neuzeitliche Grund-raster Rechtswahrung nach innen, Friedenssicherung nach außen auf, sondern es werden auch die in den Teilbezügen entwickelten Normstandards legitimer staatlicher Gewaltanwendung ihres Wirklichkeitsbezuges beraubt. Das ist letztlich der Problemhorizont, innerhalb dessen das Luftsicherheitsgesetz und das Karlsru-her Urteil zu analysieren sind. In ihnen drückt sich genau jene Perplexität aus, in der sich unser Verfassungsstaat heute befindet. Wie ist es möglich, im Kampf gegen den Terrorismus einerseits zumindest das Grundanliegen freiheitlicher Grundrechte größtmöglich zu wahren und anderer-seits mit der Gewalt gegen Terroristen nicht in Barbarei zu verfallen? Dies ist die Aufgabe, die mit einer Neujustierung unserer rechtlichen Bezüge und deren mate-rieller Ausgestaltung bewältigt werden müßte. Ein erster Baustein könnte sein, daß Menschen, was auch immer sie getan haben, tun oder tun werden, nicht gefoltert werden dürfen57, und daß das Leben unschuldiger Menschen niemals mit einem noch so großen Gut verrechnet werden darf.58 Anmerkungen 1) §14 Abs. 3 LuftSiG. 2) Thomas Bruha, Gewaltverbot und humanitäres Völkerrecht nach dem 11. September 2001, in: Archiv für das Völkerrecht, 40 (2002), 383-421, 387. 3) Thomas Bruha, Gewaltverbot und humanitäres Völkerrecht nach dem 11. September 2001, 387. 4) Artikel 35 Abs. 2 Satz 2 GG. 5) BVerfG. 1 BvR 357/05 vom 15.2.2006 Absatz Nr. 100. 6) BVerfG. 1 BvR 357/05 vom 15.2.2006 Absatz Nr. 115. 7) BVerfG. 1 BvR 357/05 vom 15.2.2006 Absatz Nr. 106. 8) Frederik Rachor, Das Polizeihandeln, in: Hans Lisken, Erhard Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 3. Aufl., München 2001, 295-562, Rdn. 793. 9) BverfG. 1 BvR 357/05 vom 15.2.2006 Absatz Nr. 106. 10) BVerfG. 1 BvR 357/05 vom 15.2.2006 Absatz Nr. 109. 11) BVerfG. 1 BvR 357/05 vom 15.2.2006 Absatz Nr. 135. 12) Bruha, Gewaltverbot und humanitäres Völkerrecht nach dem 11. September 2001, 385. 13) „Bundeswehr muß Terrorangriffe aus der Luft abwehren.“ SPD macht neuen Vorstoß zur Landesverteidigung, DIE WELT, 20. Februar 2006, S. 2. 14) Bruha, Gewaltverbot und humanitäres Völkerrecht nach dem 11. September 2001, 385. 15) Stefanie Schmahl, Der Menschenrechtsschutz in Friedenszeiten im Vergleich zum Men-schenrechtsschutz im Krieg, in: Jana Hasse u.a. (Hrsg.), Humanitäres Völkerrecht. Politi-sche, rechtliche und strafrechtliche Dimensionen, Baden-Baden 2001, 41-77, 53. 16) Bruha, Gewaltverbot und humanitäres Völkerrecht nach dem 11. September 2001, 385. 17) Thomas Bruha, Christian J. Tams, Self-Defence Against Terrorist Attacks. Considerati-ons in the Light of the ICJ’s „Israeli Wall“ Opinion, in: Klaus Dicke, u.a. (Hrsg.), Weltin-nenrecht. Liber amicorum Jost Delbrück, Berlin 2005, 85-100, 90; Übersetzung d. Verf. 18) Bruha, Gewaltverbot und humanitäres Völkerrecht nach dem 11. September 2001, 394. 19) Bruha, Gewaltverbot und humanitäres Völkerrecht nach dem 11. September 2001, 398. 20) Bruha, Gewaltverbot und humanitäres Völkerrecht nach dem 11. September 2001, 392. 21) Thomas Bruha, Christian J. Tams, Self-Defence Against Terrorist Attacks, 90; Über¬setzung d. Verf.. 22) Bruha, Gewaltverbot und humanitäres Völkerrecht nach dem 11. September 2001, 413. 23) Das „Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte (Protokoll I)“ vom 10. Juni 1977 unter-streicht expressis verbis, daß selbst unter den rechtlichen Bedingungen der UN-Charta „die Bestimmungen der Genfer Abkommen vom 12. August 1949 und dieses Protokolls ... an-zuwenden sind, und zwar ohne jede nachteilige Unterscheidung, die auf Art oder Ursprung des bewaffneten Konflikts oder auf Beweggründen beruhen, die von den am Konflikt betei-ligten Parteien vertreten oder ihnen zugeschrieben werden“ (Präambel). Vgl. hierzu Karl Doehring, Völkerrecht. Ein Lehrbuch, Heidelberg 1999, 239-276 sowie Knut Ipsen, Völker-recht. Ein Studienbuch, 4. Aufl. München 1999, § 16. Dauer, Methoden, Mittel und Objekte bewaffneter Schädigungshandlungen, Kombattantenstatus, 1075-1090. 24) Bruha, Gewaltverbot und humanitäres Völkerrecht nach dem 11. September 2001, 420. 25) BVerfG. 1 BvR 357/05 vom 15.2.2006 Absatz Nr. 141. 26) Vgl. BVerfG. 1 BvR 357/05 vom 15.2.2006 Absatz Nr. 153. 27) Die Anwendung von § 14 Abs. 4 „soll nach den im Verfahren abgegebenen Stellung-nahmen ohnehin unterbleiben, wenn mit Sicherheit erwartet werden muß, das am Boden über dicht besiedeltem Gebiet durch herabfallende Flugzeugteile Menschen zu Schaden kommen oder gar ihr Leben verlieren würden“ BVerfG. 1 BvR 357/05 vom 15.2.2006 Absatz Nr. 153. 28) BVerfG. 1 BvR 357/05 vom 15.2.2006 Absatz Nr. 118. 29) BVerfG. 1 BvR 357/05 vom 15.2.2006 Absatz Nr. 121. 30) BVerfG. 1 BvR 357/05 vom 15.2.2006 Absatz Nr. 124. 31) Reinhard Merkel, Wenn der Staat Unschuldige opfert. Das neue Luftsicherungsgesetz erlaubt, entführte Flugzeuge abzuschießen, die das Leben von Menschen am Boden bedro-hen. Das ist ein singulärer Tabubruch, DIE ZEIT, 8.7.2004. 32) BVerfG. 1 BvR 357/05 vom 15.2.2006 Absatz Nr. 122. 33) BVerfG. 1 BvR 357/05 vom 15.2.2006 Absatz Nr. 135. 34) BVerfG. 1 BvR 357/05 vom 15.2.2006 Absatz Nr. 119. 35) BverfG. 1 BvR 357/05 vom 15.2.2006 Absatz Nr. 130. 36) Stefan Oeter, Kampfmittel und Kampfmethoden, in: Dieter Fleck (Hrsg.), Handbuch des humanitären Völkerrechts in bewaffneten Konflikten, München 1994, 89-197, 99. 37) Stefan Oeter, Kampfmittel und Kampfmethoden, 99. 38) Stefan Oeter, Kampfmittel und Kampfmethoden, 100. 39) Stefan Oeter, Kampfmittel und Kampfmethoden, 100. 40) Stefan Oeter, Kampfmittel und Kampfmethoden in bewaffneten Konflikten und ihre Vereinbarkeit mit dem humanitären Völkerrecht, in Jana Hasse u.a. (Hrsg.), Humanitäres Völkerrecht. Politische, rechtliche und strafrechtliche Dimensionen, Baden-Baden 2001, 78-109, 91. 41) Vgl. hierzu Ernst Josef Nagel, Die Friedenslehre der katholischen Kirche. Eine Konkor-danz kirchenamtlicher Dokumente, Stuttgart 1997, insbesondere ‚Grenzen des Verteidi-gungsrechts’, 156-168. 42) Vgl. hierzu Richard McCormick, Das Prinzip der Doppelwirkung der Handlung, in: Concilium, 12 (1976), 662-670. 43) Ist im Krieg gegen Terrorismus alles erlaubt?, in: Sicherheit und Frieden, 1 (2005), 32-34. (Leicht überarbeiteter Wiederabdruck in: Theologie der Gegenwart, 48 (2005), 126-130.) 44) Jeff MacMahan, The Ethics of Killing. Problems at the Margins of Life, New York 2002. 45) Vgl. hierzu Friedo Ricken, Allgemeine Ethik, 4. überarbeitete und erweiterte Auflage, Stuttgart 2003, I. Mensch und Person, 171-181. 46) Jung will Luftwaffe einsetzen. „Im Notfall werden Flugzeuge mit Terroristen abge-schossen“, in: FAZ, Samstag den 18. Februar, 2006, S. 2. 47) Oliver Lepsius, Freiheit, Sicherheit und Terror: Die Rechtslage in Deutschland, in: Leviathan, 1 (2004), 64-88. 48) Vgl. hierzu Josef Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit. Zu den Schutzpflichten des freiheitlichen Staates, Berlin 1983. 49) BverfG. 7, 148. 50) Ernst-Wolfgang Böckenförde, Grundrechtstheorie und Grundrechtsinterpretation, in: Neue Juristische Wochenschrift, 27 (1974), 1529-1538, 1536. 51) BverfG. 7, 159. 52) Lepsius, Freiheit, Sicherheit und Terror, 84. 53) Lepsius, Freiheit, Sicherheit und Terror, 80. 54) Lepsius, Freiheit, Sicherheit und Terror, 82. 55) Lepsius, Freiheit, Sicherheit und Terror, 83. 56) Lepsius, Freiheit, Sicherheit und Terror, 87. 57) Vgl. Gerhard Beestermöller, Folter Daumenschrauben an der Würde des Menschen. Zur Ausnahmslosigkeit eines absoluten Folterverbotes, in: ders., Hauke Brunkhorst (Hrsg.), Rückkehr der Folter. Rechtsstaat im Zwielicht?, München 2006, 115-129. 58) Vgl. Gerhard Beestermöller, Zur Begründung der Unverletzlichkeit des menschlichen Lebens. Eine Orientierungssuche bei Thomas von Aquin, in: ders., Norbert Glatzel (Hrsg.), Theologie im Ringen um Frieden, Stuttgart 1995, 71-82. Prof. Dr. Gerhard Beestermöller ist stellv. Direktor des Instituts für Theologie und Frieden in Hamburg. |
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